Der Vormarsch des Elektroautos

17 November, 2021 | Update: 02/07/2024

Aufgrund der wachsenden Zahl der Elektroautos in Europa und der noch zu erwartenden zukünftigen Steigerung stellt sich zunehmend die Frage nach den dazugehörigen Lademöglichkeiten. Aber wie bereiten sich Campingplatzbesitzer darauf vor? ACSI fragte Michel Bayings, Berater und Experte in Sachen Infrastruktur für E-Mobilität in Europa.

Ein Elektroauto ist auf den europäischen Straßen keine Seltenheit mehr. Einige Länder sind vorgeprescht, aber nun hört man auch aus dem Europäischen Parlament die deutliche Botschaft, auf Nachhaltigkeit zu setzen. Bayings sagt hierzu:

„Nachhaltige Mobilität ist dabei ein wesentlicher Punkt. In den kürzlich veröffentlichten Klimazielen der Europäischen Kommission mit dem Titel „Fit für 55“ findet man die Forderung, dass bis 2030 Treibhausgase wie CO2 um 55 % im Vergleich zu 1990 reduziert werden sollen. Dabei muss die Mobilität einen bedeutenden Beitrag leisten. In der Praxis heißt das, dass ab 2035 nur noch emissionsfreie Autos und Kleinbusse verkauft werden dürfen, also solche, die mit Strom oder Wasserstoff fahren.“

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Immer mehr Elektroautos

Bayings erwartet, dass 2030 mindestens 55 % der Autos in Europa elektrisch unterwegs sind. Das läuft in der Praxis auf 40 bis 50 Millionen Elektrofahrzeuge hinaus. Obwohl auch wasserstoffbetriebene Autos in die Zielstellung aufgenommen sind, muss der Campingsektor vor allem mit dem Einfluss von vollelektrischen Autos umgehen. Bayings erläutert:

„Einerseits weil Experten und Hersteller erwarten, dass die große Mehrheit der Autos vollelektrisch sein wird. Andererseits weil das Tanken von Wasserstoff Einrichtungen benötigt, die nicht direkt zu einem Campingplatz passen. Eine Wasserstoff-Tankstelle kostet momentan zwischen einer und anderthalb Millionen Euro. Zudem sind es große Tankstellen, und Wasserstoff muss in Tanks unter hohem Druck und aufgrund des Brandschutzes in einer sicheren Umgebung gespeichert werden.“

e-power Caravan Salon Düsseldorf (elektroautos)

Vollelektrische Wohnmobile und -wagen, vorgestellt auf dem Caravan Salon 2023 in Düsseldorf

Wachsender Bedarf an Ladesäulen

Es wird also eine große Zahl von elektronisch betriebenen Autos, Bussen und Wohnmobilen geben, die Lademöglichkeiten benötigen. Bayings:

„Zum Teil wird das Problem durch die Anlage von Schnellladestationen an den Autobahnen gelöst. Europa verlangt, dass sie an den wichtigsten Autobahnen alle 60 Kilometer angelegt werden. Aber Fahrer von Elektroautos werden auch auf den Campingplätzen ihr Fahrzeug aufladen wollen. Schon jetzt erkennt man den Bedarf, wenn man die Zahl der Kabel – häufig sogar mit Verlängerungskabeln – sieht, die von Mobilheimen zum Auto gelegt werden. Als Campingplatzbesitzer sollte man darauf vorbereitet sein und für sichere, gut angelegte Anschlüsse sorgen.“

Das ist zudem auch gutes Marketing, erläutert Bayings:

„Die Zahl der Elektroautos steigt momentan schneller als die Zahl der Ladestationen. Es kommt also immer öfter vor, dass sich ein Camper für einen anderen Campingplatz entscheidet, wenn es dort Lademöglichkeiten gibt.“

Laden versus schnell laden

Die Investition in Lademöglichkeiten ist laut Bayings bei Weitem nicht so kompliziert wie gedacht.

„Wenn man es richtig macht, bleiben die Investitionen im Rahmen und amortisieren sich auf die Dauer, or allem, wenn man die Installation mit der Erzeugung und Speicherung von Strom kombiniert.“

Bayings geht im Folgenden näher auf die technischen Details ein:

„Das Laden eines Autos erfolgt über AC (langsames bzw. einfaches Laden) oder DC (schnelles Laden). Letzteres ist keine logische Option, wenn man auf die Kosten für das benötigte Stromnetz und die Ladegeräte selbst schaut. Man muss also vom AC-Laden ausgehen. Auf einem Campingplatz gibt es zwei logische Orte für Ladestationen: auf den allgemeinen Parkplätzen und an den individuellen Stellplätzen, sofern dort Fahrzeuge stehen dürfen. Die Ladekapazität richtet sich danach, was die Ladesäule höchstens hergibt und was das Auto höchstens aufnehmen kann. In der Praxis können die meisten Elektroautos 11 Kilowatt (kW) AC laden. Damit gewinnen sie zirka 55 Kilometer pro Stunde an Reichweite. Bei einem standardmäßigen Stromanschluss von 3,7 kW sind dies ungefähr 12 Kilometer pro Stunde.“

Ladesäulen (elektroautos)

Der e-Fixxter ist ein elektrischer Campervan aus niederländischer Produktion mit einer Reichweite von etwa 250 Kilometern (c) Timo de Boer

Ladesäulen auf einem großen Parkplatz

Auf großen Parkplätzen ist es Bayings zufolge relativ einfach, Ladesäulen aufzustellen, weil es dort genügend Platz gibt und unterirdische Stromkabel leicht verlegt werden können. Dazu Bayings:

„Den europäischen Klimazielen entsprechend müssen innerhalb von 15 Jahren alle neuen Autos elektrisch sein. Es ist daher ratsam, bei der Anlage von Ladesäulen auf Parkplätzen jetzt schon dafür zu sorgen, dass ein Kabelkanal an allen Parkbuchten entlangläuft. So kann die Zahl der Ladesäulen in den kommenden Jahren problemlos erhöht werden. Die gängigste Lösung ist, an diesen Parkplätzen auch 11-kW-Ladesäulen zu installieren. In vielen Fällen ist dazu eine Kapazitätserhöhung Ihres Netzanschlusses erforderlich. Wenn man die Säulen in einer Gruppe über die Plattform eines sogenannten Charge Point Operators (CPO) anschließt, kann man durch eine geschickte Steuerung der Ladesäulen die erforderliche Kapazitätserhöhung reduzieren. Dadurch kann die Anzahl der Ladepunkte, die an einem bestimmten Anschluss betrieben werden können, um den Faktor fünf oder mehr erhöht werden. Der Strom wird optimal verteilt und es wird berücksichtigt, wie viele Ladepunkte genutzt werden.“

Der Ertrag

Bayings erklärt, wie das Ertragsmodell aussehen könnte:

„Bei den meisten CPOs kann man den gewünschten Tarif selbst festlegen. Ein Teil davon geht an den CPO, aber der Großteil an den Campingplatzbesitzer. Der Preis kann pro Kilowattstunde (kWh) festgelegt werden. Üblich ist ein Betrag zwischen 20 und 35 Cent pro kWh. Sie können sich jedoch auch für einen Tarif pro Zeiteinheit oder eine Kombination aus beidem entscheiden. Jedes Preismodell ist unproblematisch, solange Sie es klar kommunizieren. Auf diese Weise zahlen sich die Investitionskosten langfristig wieder aus. Ladesäulen haben momentan eine Amortisationszeit von maximal sieben Jahren, während sie eine Lebensdauer von mehr als zehn Jahre haben. Die CPOs haben auch Vereinbarungen mit vielen Anbietern von Ladekarten in ganz Europa, den sogenannten Mobility Service Providern oder MSPs. Ein Nutzer kann sein Fahrzeug auf diese Weise mit seiner eigenen Ladekarte aufladen. Die Kosten werden dem Campingplatzbesitzer über den Anbieter der Ladekarte und den CPO ausgezahlt.“

elektrisch betriebenes Wohnmobil

Das Laden eines Wohnmobils wird immer mehr zur Normalität werden.

Kombination mit Stromerzeugung

Es gibt auch CPOs, die die vollen Kosten für die Ladesäulen und den Betrieb selbst übernehmen oder Leasingmöglichkeiten anbieten. Der Campingplatzbesitzer muss dann nur die Stromversorgung installieren. Da eine Ladesäule zwischen 1.000 und 3.000 Euro kostet, kann das bei der Investition einen erheblichen Unterschied ausmachen. Bayings dazu:

„Durch die Kombination von Ladesäulen mit der Energieerzeugung aus Sonnen- oder Windenergie und die Speicherung der Energie in Batterien können Energie-Angebot und -Nachfrage des Campingplatzes optimal aufeinander abgestimmt werden. Über diese Art Energie-Management-Systeme kann beispielsweise auch die Energie aus dem Stromnetz entnommen und in den Batterien gespeichert werden, wenn sie preiswert ist oder wenn es sehr sonnig ist. In den teuren Stunden und am Abend kann diese Energie dann zum Laden der Fahrzeuge genutzt werden. In den meisten Ländern gibt es zudem Subventionen für Solarmodule und Energiespeicher.“

Ladesäulen am Stellplatz

Die Lademöglichkeiten an den individuellen Stellplätzen sind Bayings zufolge situationsabhängig.

„Wenn der allgemeine große Parkplatz genügend Ladestationen hat, kann ein sicherer Standardanschluss mit 3,7 kW ausreichend sein. Um schneller zu laden, kann der Camper den großen Parkplatz nutzen. Der Vorteil dabei ist, dass die Investitionskosten ein Stück niedriger liegen. Eine separate Stromgruppe ist dabei empfehlenswert. Die Abrechnung kann einfach über die Ladestation erfolgen oder der Stromverbrauch kann zentral erfasst und abgerechnet werden. In Situationen, in denen der große Parkplatz keine oder nur begrenzte Lademöglichkeiten bietet, ist eine 11-kW-Ladesäule an jedem Stellplatz wahrscheinlich die beste Lösung. Natürlich können die Ladestationen an den einzelnen Stellplätzen auch mit der Energieerzeugung aus Solarmodulen und der Energiespeicherung in kleinen Batterien kombiniert werden. Es ist außerdem möglich, mehrere Standorte zu kombinieren, die wiederum auf intelligente Weise den Strom an die Ladesäulen liefern.“

Campingplätze mit Ladesäule in den Niederlanden

Campingplätze mit Ladesäule in Kroatien

Campingplätze mit Ladesäule in Deutschland

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Dethleffs e.home Coco (véhicule électrique)

Mit E-Mobilität und einem Wohnwagen im Schlepptau durch die Berge: Ist das die Zukunft des Campings?

Für die Zukunft gerüstet

Glaubt man Bayings, können wir nicht ignorieren, dass die Nachfrage nach Ladestationen zukünftig nur wachsen kann. Vor allen Dingen, wenn immer mehr Elektrofahrzeuge einen Anhänger (oder Wohnwagen) ziehen können und die Reichweite sowie die Ladekapazität sich stark verbessern.

„Als Campingplatzbesitzer können Sie auf diesen Trend reagieren, indem Sie auf Ihrer Website deutlich angeben, welche Lademöglichkeiten bestehen. Nicht nur auf dem eigenen Campingplatz, sondern auch in der Umgebung. Wo ist die nächste Schnelllademöglichkeit? Und in welchen umliegenden Dörfern und Städten findet man Ladesäulen? Häufig stehen sie auch an Supermärkten. Das hat sicherlich einen positiven Effekt auf das Gästeaufkommen. Die Optionen sind zahlreich und Campingplatzbesitzer sind gut beraten, wenn sie sich einen Überblick verschaffen und nach Subventionsmöglichkeiten erkundigen. So erhalten sie ein gutes Bild von den nötigen Investitionen, können die Möglichkeiten abwägen und sind für die Zukunft gerüstet“,

schließt Bayings.

Nachhaltiger Urlaub

Glücklicherweise war Camping schon vor Einführung der E-Mobilität die nachhaltigste Form, Urlaub zu machen. Aber es gibt sicherlich noch Verbesserungsbedarf und nachhaltiges Campen und Campingmanagement gewinnen zunehmend die Aufmerksamkeit von Urlaubern und Campingplatzbesitzern. Ob groß oder klein, die meisten Campingplätze bemühen sich, Wasser zu sparen, Sonnenkollektoren zu installieren und andere umweltfreundliche Managementmethoden anzuwenden.

Lesen Sie mehr über diese umweltfreundlichen Campingplätze und suchen Sie sie selbst auf Eurocampings, ebenso wie Ladestelle für Elektrofahrzeuge auf dem Campingplatz.

Dieser Artikel wurde in der ACSI Zeit veröffentlicht.

  • Autor: Jeroen
  • Von Calais nach Cannes und von Nantes nach Nancy. Früher war ich viel in Frankreich unterwegs. Mit meinen Eltern und meinem Bruder habe ich wochenlang auf den schönsten Campingplätzen in einem Faltcaravan gecampt. Später sind wir auch mit einem Wohnmobil durch andere Länder in Europa gereist. Heute bin ich besonders an kulturellen Städtereisen mit meiner Frau interessiert. Und ja, trotz meiner Höhenangst liebe ich Seilbahnen.

    2 Kommentare

  1. Als seit einiger Zeit mit einem Elektroauto den Wohnwagen Ziehender wäre ich sehr froh darum, die Campings würden wenigstens klar kommunizieren, ob und zu welchen Konditionen auf dem Platz geladen werden kann und darf. Anzahl Anschlüsse, Steckertyp, Leistung, Kosten. Der Text erscheint mir zum Thema recht umfassend. Vielen Dank. Ich hoffe, Campingplatzbetreiber beschäftigen sich mit der Thematik.

    • Hallo Marco, vielen Dank für dein Feedback. Es freut uns, dass du den Text umfassend findest und dine Anregung bezüglich klarer Kommunikation seitens der Campings in Bezug auf die Lademöglichkeiten für Elektroautos ist sehr wichtig. Wir werden dies als Anregung aufnehmen und versuchen, die Informationen zu Ladestationen auf den Campingplätzen noch transparenter darzustellen.
      https://www.eurocampings.de/campsite/search/q/theme:109/
      Beste Grüße
      Alena

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